Perchten

Was sind Perchten?

 Wenn Fremde Zeugen eines Laufens der Perchten werden, fragen sie sich sicherlich, was das soll. Es mag sogar sein, dass sie es ablehnen, sei es aus religiösen Gründen oder weil sie es für einen Klamauk ohne altehrwürdige Tradition bzw. wissenschaftliches Fundament ansehen. Andere hingegen, die vom absonderlichen Treiben fasziniert sind und bei denen dieses Brauchtum ihr Interesse weckt, stellen uns immer wieder die Frage: „Was sind Perchten?“

Zugegeben, darauf eine erschöpfende Antwort zu geben, ist gar nicht so leicht. Wissenschaftler würden eine Definition einfordern und auch der allgemein Interessierte ist gewiss dankbar für eine derartige Hilfe. So möchte ich mit den nachfolgenden Worten den Versuch einer Deutung unternehmen:

Perchten, im engeren Sinne, sind verkleidete (kostümierte) und vermummte (maskierte) menschliche Personen, die mit ihrem Wirken dem Guten zur Kraft verhelfen und dem Bösen entgegentreten. Indem sie Gesundheit, Glück und Segen für Wald, Fluren und Felder, Haus und Hof sowie deren Bewohner (Menschen wie Tiere) überbringen und Dämonen wie Krankheit, Schaden, Missernten und dergleichen bannen. Ein überlieferter Spruch besagt denn auch: „So hoch wie der Percht springt, so hoch wird im nächsten Jahr das Getreide wachsen“.

Perchten, im weiteren Sinne, sind menschliche Personen, die mit ihrem gesamten Denken und Handeln eine Vorbildfunktion erfüllen, im privaten wie im öffentlichen Bereich. Sie engagieren sich für die sozialen Belange genau so wie für das Kulturelle. Schließlich bedeutet die Übersetzung für Percht (lateinisch – Luzia) „leuchtend, strahlend“ und wie heißt es doch so schön: „Ein leuchtendes Vorbild sein“.

Weil diese formale Erklärung nicht ausreicht, um dem Phänomen der Perchten wirklich auf die Spur zu kommen, gilt es nach ihrem Ursprung zu suchen. Wer sich durch die vorhandene Literatur arbeitet, wird feststellen, dass sich eine Jahrtausende alte Perchten-Tradition nicht ohne weiteres nachweisen lässt. Zwar gibt es Aufzeichnungen im schriftlichen Fundus des Klerus und der weltlichen Obrigkeit, in denen Verbote oder gar Gerichtsurteile vermerkt sind, doch die sind nur wenige Jahrhunderte alt.

 Greift man allerdings auf die Figur der „Frau Percht“ zurück, so stellt sich das etwas anders dar. Sie begegnet uns als Wildaberta im 16. Jahrhundert ebenso wie zur Zeit der Inquisition, bei den Germanen (Freyja) wie bei den Römern (Diana). Eines der wahrscheinlich ältesten Dokumente ist uns mit den „Mondseer Glossen“, die um das Jahr 1000 n. Chr. entstanden, erhalten geblieben. Hier wird die Nacht vor Epiphanias als die „Giperchtennacht“ bezeichnet. Der „Perchta“ wurde über die Jahrhunderte geopfert und gehuldigt, wie vereinzelt Schriften über die Verehrung des Volkes bezeugen. Überlieferungen bezeichnen sie als Erdmutter, die über den Umgang der Menschen mit der Natur wacht. Ist sie nicht auch die Mutter, die sich um die ungetauft verstorbenen Kinder, die Heimchen, sorgt – also eine soziale Aufgabe versieht? Vielleicht sind die Perchten ja eine Allegorie dieser Urgöttin, ihre Stellvertreter, wenn sie z.B. den Menschen Fruchtbarkeit zutragen, also vorchristliche Mittler zwischen Göttern und Menschen?

 Eine weitere Quelle, für ihren Ursprung, könnten die Sonnwendkulte der Kelten darstellen. Südbayern war nachweislich Stammgebiet der Kelten und über einen langen Zeitraum von ihnen besiedelt. Die Kelten hatten eine besondere Vorliebe für die Nacht. So rechneten sie nicht nach Tagen, sondern nach Nächten. Wie ist es bei uns? Sind es nicht auch die Nächte, in denen das Volk feiert und denen es viel Bedeutung beimisst? Die Losnächte mit ihren Orakeln von Andreas, Nikolaus Luzia, Thomas bis Silvesternacht? Ist sie nicht die Nacht der Nächte, die Weihnacht, die Heilige Nacht? Welche Bedeutung haben seit jeher die Rauhnächte, die Zwölfen, die Dreikönigsnacht? Und geht es nicht weiter mit der Fasnacht, Osternacht, Walpurgisnacht, Veitsnacht, Johannisnacht u.s.w.? Die Lehrmeister der Kelten waren die Druiden, weise Männer, die ob ihres Wissens auch von den Griechen sehr geschätzt waren und denen Aristoteles sogar die Erfindung der Philosophie zuschrieb. Sind die Perchten womöglich Nachfahren der Druiden, wenn sie soziokulturelles Handeln ausüben und ihr Wissen über dieses Brauchtum an die nächste Generation weitergeben? (...)

 
(Quelle: langelieder.de)